Was wird aus dem Berliner Neutralitätsgesetz?

Derzeit befassen sich die Berliner Parteien mit der Aufstellung ihrer Wahlprogramme. Da nach allen bisherigen Wahlumfragen die derzeitige Koalition (in welcher Konstellation dann auch immer) weiterregieren kann, sind derzeit vor allem deren Aussagen zum Erhalt bzw. zur Abschaffung des Gesetzes von Interesse.

Die SPD positioniert sich ohne Wenn und Aber pro Neutralitätsgesetz:

Im WahlprogrammE heißt es in Zeilen 1945 ff:

„Die Arbeit mit unseren Schüler:innen muss diskriminierungsfrei sein. Die Vielfalt der Berliner Schüler:innen setzt einen neutralen Staat voraus, der alle gleich behandelt. Deshalb stehen wir zum Berliner Neutralitätsgesetz und prüfen eine Anpassung im Lichte der aktuellen Rechtsprechung.“

https://spd.berlin/media/2021/02/210201_Entwurf-Wahlprogramm_nach-LV.pdf

Die Linke schreibt im WahlprogrammE in Zeilen 2327 ff.

„Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass staatliche Schulen als öffentlich-rechtliche Institutionen in allen religiösen Fragen Neutralität wahren.

Eine inklusive und vielfältige Schule bedeutet für uns auch, das Neutralitätsgesetz und dessen Auswirkungen zu überprüfen. Bislang dürfen Lehrer:innen, sich in Ausbildung befindliche Personen und Lehramtsbewerber:innen innerhalb ihres Dienstes – mit Ausnahme von beruflichen Schulen und Einrichtungen des zweite Bildungswegs – keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen. Dies trifft in der Berliner Praxis bislang ganz überwiegend kopftuchtragende muslimische Frauen an öffentlichen Schulen. Für uns ist bei der Überprüfung des Neutralitätsgesetzes stets maßgeblich alle verschiedenen Grundrechte der Grundrechtsräger:innen zu berücksichtigen und in einem Abwägungsprozess zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dazu gehören die negative Glaubensfreiheit der Schüler:innen, das Erziehungsrecht der Eltern und der zu erfüllende staatliche Erziehungsauftrag, der die Neutralitätspflicht beachten muss, sowie die vom Grundgesetz geschützte Berufs- und Religionsfreiheit 2340 von Lehrkräften, von Lehramtsbewerber:innen und sich in Ausbildung befindlichen Personen an öffentlichen Schulen.

In der Abwägung aller Interessen sehen wir keine hinreichenden Gründe für die Aufrechterhaltung der Bekleidungsvorschrift. Wir werden uns daher dafür einsetzen, dass das pauschale Verbot in Bezug aufdas Tragen von religiös geprägten Bekleidungsstücken und Symbolen durch Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag in öffentlichen Schulen aufgehoben wird. Zugleich stärken wir andere geeignete Maßnahmen, um die religiöse Neutralität der staatlichen Schulen zu gewährleisten und die negative Religionsfreiheit der Schüler:innen unterschiedlicher Konfessionen und derjenigen Schüler:innen ohne Konfession zu schützen.“

https://dielinke.berlin/fileadmin/download/2021/2021_Wahlprogrammentwurf_DIE_LINKE._Berlin.pdf

Bei Bündnis 90 / Die Grünen heißt es im WahlprogrammE in Zeilen 2416 ff. :

„Außerdem achten wir die Urteile des Bundesverfassungsgerichts und werden das Berliner Neutralitätsgesetz abschaffen. Dabei fangen wir mit den Schulen an.“

https://gruene.berlin/fileadmin/BE/lv_berlin/LV_Berlin_Dokumente/zentrale_Dokumente_Landesverband/b90dg_wahlprogrammentwurf_2021.pdf

Bei Linken und Bündnis 90 / Die Grünen ist das Neutralitätsgesetz äußerst umstritten. Eine deutliche Mehrheit der grünen Anhänger*innen wünscht zudem eine vollständige Aufrechterhalten des Gesetzes.

Umso weniger ist verständlich, warum die Vorstände dieser Parteien im Wahlkampf interne Auseinandersetzungen zum Neutralitätsgesetz provozieren wollen.

Eine auf deutliche Mehrheiten orientierte gute Wahlkampfstrategie sieht anders aus.

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