Fachverband Ethik Berlin für Erhalt des Neutralitätsgesetzes – Kritik an Senator Behrendt


Berlin, Februar 2021


Stellungnahme des Fachverband Ethik Berlin zum Vorgehen des Justizsenators gegen das Neutralitätsgebot an Berliner Schulen

Der Fachverband Ethik verteidigt die im Berliner „Neutralitätsgesetz“ im § 29 der Verfassung von Berlin eingeforderte religiöse und weltanschauliche Neutralität von Lehrkräften, wie sie für die Schulen in einem Rundschreiben vom 4. September 2017 vom Senat für Bildung, Jugend und Familie ausgelegt und begründet wurde.

Für Lehrkräfte im Allgemeinen, aber insbesondere für Ethiklehrkräfte ist eine neutrale Haltung gegenüber den Religionen und Weltanschauungen der Schüler*innen eine wesentliche Voraussetzung, um den offenen Austausch in der Gruppe zu ermöglichen und zu üben.

Die Einsicht in die Funktion dieser neutralen Haltung als Lehrkraft halten wir für unabdingbar.

Im Ethikunterricht geht es darum, Schüler*innen zu befähigen, Spannungen in einer diversen Gesellschaft auszuhalten. Sie sollen befähigt werden, ihre Individualität und ihre kulturellen und religiösen Prägungen auszudrücken und zu verteidigen, sowie die eigenen Überzeugungen im Zuge dieses Dialogs auf ihre Geltung hin zu überprüfen.

Als Ethiklehrkräfte sind wir die Moderator*innen auf dem Weg in die Vielfalt.

Deshalb halten wir die sichtbare Demonstration bekenntnisbezogener Neutralität für Lehrkräfte nicht für ein Verbot, sondern für ein Gebot. Es gebietet die Selbstprüfung, ob man in der Rolle der Lehrkraft bereit ist, dieser repräsentativen Neutralität im Beruf den Vorrang einzuräumen gegenüber dem eigenen religiösen Ausdruck.

Uns ist bewusst, dass z.B. unter Musliminnen die Kopfbedeckung mit tiefen religiösen Gefühlen verknüpft sein kann, ebenso aber, dass diese derzeit als Symbol auch für Werte steht, die dem ethischen Minimalkonsens unserer Gesellschaft nicht entsprechen. Während der Berufsausübung etwa auf eine religiös motivierte Kopfbedeckung zu verzichten, bedeutet eine selbst bestimmte Priorisierung der Neutralität im Namen der Pluralität unserer Gesellschaft.

Die Forderung der religiösen Neutralität an die Lehrkräfte ist nicht diskriminierend.

Gleichzeitig treten wir als Bürger*innen und Pädagog*innen entschieden jedweder Diskriminierung von Trägern religiöser Symbole – sei es Kippa, Davidstern, Kreuz oder Kopftuch – im Klassenraum und in der Öffentlichkeit entgegen.


In diesem Sinne fordern wir den Justizsenator, Herrn Behrendt, dringend dazu auf, von der angestrebten Novellierung des Berliner Neutralitätsgesetzes abzusehen.

Entnommen der Veröffentlichung in https://www.proethik.info/

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